achtsam_Leben_Bewegen

Radtouren bieten intensives Erleben und gemeinsame Zeit

Und weil es bis jetzt im Trubel dieser hektischen und zugleich so ungewöhnlichen Zeit untergegangen ist, möchte ich euch noch unser erstes mehrtägiges, gemeinsames Radabenteuer als Familie schildern. In Corona Zeiten hat Radfahren einen regelrechten Boom erlebt. Heuer habe ich viel mehr Menschen auch in der Stadt am Rad gesehen als jemals zuvor, was wirklich schön ist, weil es uns in Bewegung bringt. Es macht aber noch so viel mehr mit uns – am Fahrrad erleben wir die Welt um uns intensiv und sind besonders aufmerksam, weil wir Zeit haben genauer hinzusehen und die Muse zu entdecken. Wir bewältigen viele Kilometer und sehen so viele verschiedene Landschaften, Dörfer und Städte. Wir strengen uns an, kämpfen gegen innere Widerstände und überwinden sie immer wieder aufs Neue bei jedem schwierigen Anstieg oder nach vielen gefahrenen Kilometern.

Bei unserer mehrtägigen Radtour von Wien nach Amstetten über weite Strecken entlang der Donau haben wir uns Ziele gesetzt, z.B. wie viele Kilometer wir an dem Tag fahren wollten und diese auch erreicht, buchten Quartiere im Voraus und haben uns auf die bevorstehende Jause zwischendurch oder das Abendessen besonders gefreut, weil der Hunger nach langen Wegstrecken einfach extra groß war. Besonders schön war zu beobachten, dass wir die Kinder kaum zum Weiterradeln motivieren mussten – sie waren so voller Neugierde, Vorfreude und Begeisterung über all das Erlebte unterwegs und die Abenteuer, die noch auf sie warteten, dass das für sie Antrieb genug war, immer weiter zu fahren und alles auf sich einwirken zu lassen.

unterwegs_achtsam

Unsere erste Wegstrecke war von Wien entlang der Donau nach Tulln – es war ein heißer Tag, das Gepäck, obwohl sehr sparsam gepackt, fühlte sich noch schwer an, das Verlangen, einfach stehen zu bleiben und in die Donau zu hüpfen hat uns immer wieder gepackt. Endlich, an einem Altarm bei Greifenstein war es dann soweit – wir stürzten uns in die Fluten und genossen das kühle Nass und danach ein gutes Eis. Dann ging es an der aufgestauten Donau am Südufer entlang von vielen Siedlungen, die hinter riesigen Dämmen lagen auf denen wir radelten, weiter nach Tulln. Dort bezogen wir ein Familienzimmer in der Jugendherberge und genossen ein fast leeres Quartier, sehr freundliches Personal und einen Abend in wunderschönen Parks mit herrlichen Blumen und einer Crêpe beim Sonnenuntergang an der Donau.

Muse_achtsam_Resilienz

Der nächste Tag führte uns weiter entlang des südlichen Donauufers durch offene, landwirtschaftliche Flächen, von der Donau abgetrennte Auwälder, kleine Dörfer inmitten einer auch industriell geprägten Landschaft direkt nach Zwentendorf. Der grotesk anmutende Kraftwerksbau und eine daneben liegende Hütte im Tiroler Alpenstil wirkten sehr bizarr und werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Weiter ging es vorbei am Donaukraftwerk Altenwörth und wiederum entlang riesiger Dämme und dahinter liegender vom Fluss abgetrennter ehemaliger Auwälder Richtung Krems bzw. das Stift Göttweig, unser Tagesziel. Dieser Abschnitt war der für uns längste und auch am wenigsten abwechslungsreiche – wir sehnten uns nach Bademöglichkeiten. Wir radelten zwar entlang der Donau, aber diese sah alles andere als einladend aus. Also beschlossen wir nur immer wieder Beine und Kopf unter Wasser zu halten und schafften es, uns etwas abzukühlen.

Wir erreichten Krems und machten dort zuerst Halt im kühlen Stadtpark für eine kurze Dehneinheit und zum Ausrasten und stillten unseren großen Hunger und Durst im Hofbräu. Die letzte Etappe führte uns durch Weingärten und Kellergassen und durch wunderschöne Dörfer hinauf zum Benediktinerstift Göttweig. Der Anstieg forderte uns ordentlich am Ende des Tages. Herrlich schönes Wetter, der 365 Grad Ausblick vom beeindruckend schönen Stiftsgelände aus und das kappellenartige Zimmer in der dortigen Jugendherberge – wir waren die einzigen Gäste – entschädigten uns vollends für die Strapazen und machten uns neugierig, was das Stift alles zu bieten hatte. Nach einer unglaublich ruhigen und sternenklaren Nacht aßen wir unsere letzten Vorräte zum Frühstück bevor wir uns auf den Weg Richtung Wachau machten.

stolz_zufrieden_gelassen

Dieser Abschnitt führte uns vorbei an Campingplätzen durch wunderschöne, kleine Dörfer und bot besonders schöne Ausblicke auf Dürnstein und Weißenkirchen bis nach Spitz an der Donau. Wir setzten vom südlichen Donauufer mit der Rad- und Fußgängerfähre, die mit einem Seil gesichert, die Donau überquerte – eine aufregende Überfahrt besonders für die Kinder – über nach Spitz und machten Siesta im Schatten eines Baumes vor der Hl. Mauritius Kirche.

Gestärkt mit Baguette, Salaten, Falafel und Eis setzten wir unseren Weg am nördlichen Donauufer fort. Diese Strecke führte uns durch malerische Dörfer, vorbei an wunderschönen Steinbauten, Kirchen und Kapellen, Marillenbäumen bis nach Emmersdorf an der Donau, das von vielen als das westliche Ende der Wachau bezeichnet wird. Dort wartete ein Zimmer in einem entzückenden Bauernhof, der einen Swimmingpool zu bieten hatte, was natürlich ein besonderes Zuckerl war. Die Badefreuden wurden durch ein heftiges Gewitter jäh unterbrochen und wir genossen daraufhin die kühle und reine Luft.

Freude_Abenteuer_Resilienz

Am nächsten Tag rechneten wir jeden Augenblick mit Regen, aber er blieb zum Glück aus und der Nachmittag belohnte uns wieder mit Sonnenschein, aber kühleren Temperaturen. Wir radelten an Melk vorbei nach Ybbs, besichtigten dort die Stadt und machten uns gleich weiter auf den Weg durch kühlende Wälder, teilweise der Donau entlang und wiederum mit traumhaft schönen Blicken auf gegenüberliegende Dörfer nach Grein an der Donau. Die dortige wirklich sehr kleine Holzfähre, mit der wir die Donau kreuzten, geführt von einer Kapitänin war ein tolles Erlebnis für sich.

Neben der Wachau fanden wir auch diesen Abschnitt zwischen Emmersdorf und Grein besonders lohnend und schön. Während der gesamten Reise begegneten uns sehr viele Tagesradler und Radtourenfahrer – teilweise kamen wir mit anderen Radlern ins Gespräch, tauschten Erlebnisse aus und hatten das Gefühl zu einer Radgemeinschaft zu gehören. In Grein übernachteten wir in einem Privatzimmer und verbrachten den Abend mit guten Freunden, die ebenfalls in der Nähe auf Urlaub waren.

Am nächsten Tag – unserem letzten – hätten wir alle am liebsten die Reise noch einige Tage fortgesetzt. Jedenfalls beschlossen wir, dass wir im nächsten Jahr wieder mindestens eine Radtour machen würden und dann jedenfalls eine Woche lang. Wir verließen die Donau und erreichten nach relativ kurzer Fahrzeit Amstetten. Von dort aus nahmen wir einen Zug nach Wien, waren stolz auf uns und schwelgten in unseren Erlebnissen von den kleinen und großen Abenteuern, die wir erlebt hatten.

Genuss_achtsam_resilient

Einmal länger unterwegs zu sein und noch dazu mit sehr wenig Gepäck ist ein minimalistisches und lehrreiches Erlebnis. Ich vermisse absolut nichts, packe jeden Tag schneller, weiß genau, wo sich was befindet. Ich bin dann viel achtsamer, befreiter und kann mich auf Wesentliches konzentrieren wie das Radeln, die herrliche Umgebung, gutes Essen, die vielen besonderen Momente und das Zusammensein mit meiner Familie.

Probiere es aus – viel Spaß dabei 😊!